Häxli und Fee feiern Silvester

Den späten Silvesterabend verbringen Häxli und Fee warm verpackt auf dem Dach. Häxli hat eine Flasche Sekt mitgenommen und für Fee den Rest Weihnachtsstollen. Überall knallt, pfeift und heult es. Die Menschen sind in Feierlaune und freuen sich mit viel Feuerwerk auf das neue Jahr. Fee aber ist es gar nicht nach Feiern zumute. Sie bereut schon, dass sie sich überreden ließ, bei Nacht und Kälte aufs Dach mitzugehen.
Warum trinkst du Sekt, während ich Resten essen muss? fragt sie Häxli mürrisch.
Weil du das Sprudelzeug nicht magst, den Weihnachtsstollen aber schon. Außerdem kann dein Organismus Alkohol nicht abbauen.
Habe ich schon erwähnt, dass ich Feuerwerk hasse? Dieser Lärm und Rauch kann ich nicht ausstehe, nörgelt Fee. Die Kirchenglocken läuten und verabschieden das alte Jahr und dann beginnt die Turmuhr zu schlagen. Mach dich bereit Fee, nach dem zwölften Schlag ist Neujahr! Häxli öffnet den Sekt, hebt das Glas und brüllt: Drei, zwei, eins: Happy New Year Fee und drückt Fee einen dicken Schmatzer auf den Kopf, den diese sofort widerwillig wegputzt.
Und? Das war’s jetzt? Fee schaut Häxli ungläubig an. Ich klettere mit dir auf’s Dach, setze mich Lärm und Böllern aus, werde um ein Haar von selbigen abgeschossen, würge einen alten, staubtrockenen Weihnachtsstollen hinunter, muss mich von dir abschlabbern lassen, für ... das hier?
Ja, was hast du denn erwartet, Fee? Dass gebratene Fledermäuse vom Himmel fallen?
Bei dem Feuerwerk, dass die da in die Luft jagen, wäre das gar nicht mal so abwegig. Keine Rücksichtnahme auf unsereins.
Hast du dir überhaupt Vorsätze gefasst? fragt Häxli, um Fee abzulenken.
Was für Vorsätze? Du hast nichts von Vorsätzen gesagt. Woher soll ich jetzt plötzlich Vorsätze hernehmen? Fee wird noch eine Spur ranziger. Lass gut sein, Fee. Ich nehme mir ja seit Jahren auch nichts mehr vor. Meistens halten die Vorsätze eh keine drei Tage.
Dann lass mich mit deinen Vorsätzen in Ruhe. Und noch bevor die Kirchenglocken das neue Jahr fertig eingeläutet haben, springt Fee vom Dach und legt sich schlafen.
Am Neujahrsmorgen verspürt sie ein leicht komisches Gefühl. Kann es sein, dass ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich gestern so grantig war, denkt sie. Nein kann eigentlich nicht sein. Das wird der alte Weihnachtsstollen sein, der liegt mir wohl noch schwer im Magen.
Sie sieht zu Häxli hinüber, die schläft noch. Typisch. Das neue Jahr fängt ja gut an. Das Frühstück wird sich also auch verspäten. Fee geht ins Wohnzimmer und klettert auf ihren Katzenbaum. Mal sehen, was sich draußen tut. Aber da tut sich nichts, die Straßen sind wie leergefegt, und das Fenster ist natürlich auch zu.
Scheiß Silvester!
Ein paar Stunden später kommt Häxli, die Hände am Kopf, ins Wohnzimmer gewankt und stöhnt: Ich habe solche Kopfschmerzen und übel ist mir auch. Kaum gesagt, stürmt sie ins Bad und Fee hört seltsame Geräusche. Sie geht zur Badezimmertüre und ruft: Häxli stirbst du gerade oder baust du nur Alkohol ab?
Fee mir ist so übel, ich glaube... wieder diese seltsamen Geräusche. Nach einer Ewigkeit schleppt sich Häxli ins Wohnzimmer zurück. So sieht also der Tod aus, denkt Fee. Hast du etwa die ganze Flasche Sekt alleine getrunken? Fee sieht Häxli streng an. Mit wem denn sonst, du hast dich ja aus dem Staub gemacht. Also habe ich noch ein Weilchen mit mir alleine weitergefeiert. Und plötzlich war die Flasche leer. So viel war da aber gar nicht drin, wiegelt Häxli ab.
Für einen zünftigen Abschuss hat es aber anscheinend gereicht!
Häxli legt sich wieder hin, nachdem sie Fee ein schnelles Frühstück hingestellt und darauf noch eine Runde Bad hinter sich gebracht hat.
Am späten Nachmittag steht sie wieder im Wohnzimmer. Ausgeschlafen zwar, aber frisch sieht anders aus. Frohes neues Jahr Fee! wünscht Häxli nochmals.
Froh? Wo? Dieses Neujahr ist zum Vergessen. Da frier ich mir stundenlang auf dem Dach den Arsch ab für nichts und wieder nichts, und du säufst dich so ins Elend, dass es für mich nur gerade zu Dosenfutter reichte und ich den ganzen Neujahrstag alleine verbringen musste. Also verschon mich mit deinem neuen Jahr, da will ich lieber das Alte wieder zurück. Das hat doch gepasst, warum musste da jetzt unbedingt ein Neues her?